De Saussure: Die Eigenschaften des sprachlichen Zeichens

Eine weitere Eigenschaft von de Saussures Zeichenmodell ist die Arbitrarität, also die Willkürlichkeit der Zuordnung von Ausdruck und Inhalt. Dass beispielsweise das Lautbild [baum] mit dem Konzept „Baum“ verbunden wird, ist nicht logisch noch sonst wie begründet. Die Arbitrarität entbindet das Zeichen jedoch nicht von seinem festen Platz in der Sprache. Dieser ist ganz und gar nicht willkürlich: Jede Verbindung von Lautkette und Begriff beruht auf gesellschaftlichen Vereinbarungen. Diese Konventionalität darf nicht gebrochen werden. Allerdings erlangt ein sprachliches Zeichen nur allgemeine Gültigkeit, wenn es von der Sprachgemeinschaft akzeptiert und anerkannt wird. Natürlich erfährt ein Zeichen im Laufe der Zeit eine Umgestaltung, weil es sich ununterbrochen in der Zeit fortpflanzt. Das Verhältnis zwischen Bezeichnetem und Bezeichnung verschiebt sich. Diese Veränderung kann jedoch nicht von Einzelnen vollzogen werden, denn Sprache ist eine soziale Erscheinung.

Viel entscheidender ist die Tatsache, dass Sprache als Produkt ‚ weitervererbt ‘ und auch wirklich übernommen wird. Saussures Begründung für diese Übernahme ist eine Schwerfälligkeit der Sprachgenossen, die auf vertraute Regeln insistieren. Da auf die Zeichen das Merkmal der Arbitrarität zutrifft, gibt es nach Saussure ohnehin keinen Grund, die unendliche Fülle sprachlicher Ausdrücke absichtlich zu ändern. Das komplizierte Regelsystem sei den Spezialisten, Grammatikern oder Logikern, vorbehalten.

Wie funktioniert Sprache?

Wenn wir Sprache hören, erreicht sie uns als eine akustische Aneinanderreihung einzelner bedeutungstragender Einheiten. Diese Sprachzeichen stehen zeitlich immer nacheinander, beziehungsweise in geschriebener Sprache räumlich hintereinander. Bei dieser Anordnung darf kein Element vertauscht oder ausgelassen werden. Also ist auch Linearität nach de Saussure eine Eigenschaft der Sprachzeichen. Durch unsere Aufmerksamkeit und Gewöhnung können wir aus der Lautfolge Einheiten heraushören, die wir mit Begriffen verbinden. Das funktioniert wie folgt: Der Kette der Lautbilder läuft eine Kette der Vorstellungen parallel. Wenn wir nun meinen, die richtige Abgrenzung für ein Wort getroffen zu haben, muss der Sinn diese Abgrenzung rechtfertigen. Ein Begriff kann allerdings, obwohl er lautlich gleich ist, in einer anderen Umgebung einen anderen Sinn haben. De Saussure ordnet ihn dann zu einer anderen Einheit zu. Seine Beispielsätze lauten: „la force du vent“ und „il me force à parle“. Die Vorstellung hinter dem Wort force sind jeweils unterschiedlich.

Das Merkmal der Repräsentativität verdeutlicht die Stellvertreterfunktion, die das sprachliche Zeichen innehat: Die Lautkette steht für die Vorstellung. Beide Komponenten repräsentieren Dinge in der Welt. Schließlich hat das Sprachzeichen die Eigenschaft der Materialität. Es wird über die menschlichen Sinne wahrgenommen, entweder über den Gehörgang, als Formen auf Papier oder über seine plastischen Strukturen, wie bei der Blindenschrift.


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