Die Medienphilosophie

Nach dem Zweiten Weltkrieg galt im Westen Deutschlands die Objektivitätsnorm, zugleich ließ sich die Tagespresse meist auf dem politischen Meinungsspektrum recht eindeutig positionieren, überregional standen „Die Welt" und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" für ei­ne eher konservative, die „Süddeutsche Zeitung" und die „Frankfurter Rundschau" für eine eher linksliberale Auffassung. Vielleicht auch zusammen mit der Veränderung der politischen Kultur allgemein ist es schwieriger geworden, die Presse immer noch parteipolitisch eindeutig zu verorten. Der Wettbewerb stellt heute meist andere Kriterien in den Vordergrund als die Nahe zu bestimmten politischen Gruppierungen: Welche Meinung herrscht allgemein in der Bevölkerung vor, wie sehr lässt sich ein Thema personalisieren, häufig auch: wie hoch ist der emotionale Gehalt eines Ereignisses? Vor allem für die Informationsmedien gilt, dass sie die Balance herstellen müssen zwischen den,,Drei M": der Faktenrecherche und -berichterstattung (mere facts), der gesellschaftspolitischen Bewertung und Botschaft (mission), und den wirtschaftlichen Erfordernissen (market), die häufig einhergehen mit einer stärkeren Emotionalisierung und Personalisierung von Ereignissen. Naturgemäß gilt diese Akzentsetzung für die Boulevardpresse noch sehr viel stärker als für die Qualitätszeitungen. Allerdings wird auch hier heute deutlich weniger polarisiert als früher. Die,,Bild" als mit Abstand auflagenstärkstes nationales Boulevardorgan wird nun auch von der Meinungselite ernst genommen, sei es als Barometer für „Volkes Stimme", umgekehrt finden sich in den Qualitätspresse auch Boulevardthemen.

 Dabei gilt, auch wenn die Grenzen immer wieder einmal neu ausgelotet werden, dass zum Beispiel bei Politikern zwischen privatem und öffentlichem Leben unterschieden wird, solange es nicht eine explizite Verbindung zwischen beiden gibt. Dies mag sich allmählich ändern: Der Wettbewerb wird rauer, damit nimmt die Notwendigkeit zu,,heiße", auch bislang tabuisierte Themen zu bringen. Zugleich wird die Medienlandschaft auch durch immer größere Geschwindigkeit und Vernetzung internationaler, vermischen sich Unterhaltung und Information; immer mehr Politiker haben,,Spin doctors", für die alle Bereiche, also auch der private, Teil des strategischen Erfolgskalküls sind. Schließlich ist das Publikum selbst gelassener geworden, wenn es um die Unterscheidung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit geht.

Vor allem die jüngere Generation empfindet Diskretion nicht mehr unbedingt als einen Wert an sich. Öffentliche Beachtung auch im Skandal hat sogar einen hohen Belohnungswert bekommen.

 


Понравилась статья? Добавь ее в закладку (CTRL+D) и не забудь поделиться с друзьями:  



double arrow
Сейчас читают про: