Einfluss Luthers auf lautliche Merkmale (173)

Luther setzt einige lautliche Merkmale in seinen Texten durch. Er verwendet besonders mittel- und oberdeutsche Merkmale. Die Wirkung der Bibel ist gewaltig, nicht nur inhaltlich, also in der Religion, sondern auch sprachlich. Es gab natürlich viele Raubdrucke. Im katholischen Raum versuchte man seine Übersetzungen nachzuahmen mit einem Nachdruck, indem man lediglich sprachliche Merkmale eliminierte. Oft kann man aber durchaus beweisen, dass diese Übersetzungen bloße Raubdrucke waren, in denen nur die Dialektwörter ersetzt wurden. Luther war nicht der einzige Schöpfer auf die Schriftsprache, weil sein Einfluss zwar gewaltig war, aber nicht unendlich. Er beschränkte sich auf seinen sprachlichen und besonders religiösen Wirkungsraum. Im Lauf der Gegenreformation wurde sein Einfluss noch weiter eingedämmt. Die Luther-Bibel wurde aus Baiern wieder verdrängt.

Die Habsburger und somit die Kaiser des Hl. Röm. Reiches waren gegen Luthers Bibel. Die Sprache der Bibel war nicht als mündliches Konzept gedacht, also als eine Sprache mit der man sich unterhielt, sondern nur als Sprache, die verstanden werden sollte.

Luther hat aber den Weg gewiesen, er hat gezeigt, dass es eine Ausgleichssprache gibt. Für die weitere Sprachgeschichte sind die Gebiete, die er vereinte, wesentlich wichtiger als andere. Das waren Ostmitteldeutsch und Oberdeutsch.

Kein Buch hat so sehr auf die deutsche Sprache und Literatur der vergangenen 400 Jahre eingewirkt wie die Bibel in Martin Luthers Übersetzung. Dabei ist sie selbst eines der großartigsten Werke der deutschen Literatur. Formulierungen aus Luthers Übersetzung sind sprichwörtlich geworden: "Hochmut kommt vor dem Fall" (Sprüche 16,18) oder "Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein" (vgl. Sprüche 26,27). Die bewusste literarische Auseinandersetzung mit der Bibel reicht von Klopstock über Goethe und den Romantikern bis zu Rainer Maria Rilke und Bertolt Brecht. Brecht erwiderte einmal auf die Frage, welches Buch ihn am meisten beeinflusst hätte: "Sie werden lachen, die Bibel." Luthers Bibelübersetzung stellt die Grundlage für unser heutiges Deutsch dar. Der Reformator gestaltete eine Schriftsprache, in der nun eine anspruchsvolle Literatur verfasst werden konnte. So entstand eine deutsche Literatur, die den Vergleich zu den italienischen, französischen oder englischen Dichtungen nicht zu scheuen brauchte.

1517 war Martin Luther in die Arena der Geschichte getreten: Sein Thesenanschlag vom 31. Oktober an der Schlosskirche zu Wittenberg kennzeichnet den Beginn der Reformation in Deutschland. Auch für die Literaturgeschichte ist Luther und die von ihm entfachte Bewegung in mehrfacher Beziehung außerordentlich bedeutsam: Einerseits bestimmten die theologischen Auseinandersetzungen nun einige Jahrzehnte lang weitgehend die literarische Produktion, andererseits wurden die Diskussionen um die Reformationsgesichtspunkte zunehmend in deutscher Volkssprache und nicht mehr in Latein - wie bisher üblich - geführt, um sie allen, auch Rittern, Bürgern, Bauern, verständlich zu machen. So und vor allem durch Luthers Übersetzertalent erhielt die deutsche Schriftsprache einen nachhaltigen Entwicklungsschub: Luther trug entscheidend zur Herausbildung der frühneuhochdeutschen Gemeinsprache bei. Und schließlich gab er dem geistlichen Lied durch Sammlung und Neuschöpfung wichtige Impulse.

Die literarischen Veröffentlichungen der beiden ersten Jahrzehnte seit Beginn der Reformation bestanden in erster Linie aus lehrhaftem Tendenzschrifttum; eine Blüte der ›agitatorischen‹ Texte im weitesten Sinn des Worts (wie z. B. Streitschriften, Dialoge, Satiren, Schuldramen) war die Folge. Der Literaturhistoriker Hans Rupprich weist in seinem Beitrag:»Das Zeitalter der Reformation«(Die deutsche Literatur im späten Mittelalter bis zum Barock, München 1973) mit Recht darauf hin, dass die Literaturgeschichte dieses Zeitabschnitts gattungsmäßig nicht darzustellen ist und nur stoffmäßig geordnet werden kann.

Flugschriften und Traktate
Zentrale Form der Verbreitung dieser meist für den Tag gedachten Produkte war die oft illustrierte Flugschrift, der sich alle möglichen literarischen Gattungen bedienten. Diese an den Augenblick gebundenen Schriften sind in der Regel keine ›große‹ Literatur. Von Luthers Leistung einmal abgesehen, fehlt es der Zeit weitgehend an bleibenden Werken ursprünglicher Art. Die Lutherbibel allerdings, eigentlich ja ›nur‹ eine Übersetzung, erhielt durch die Kraft ihrer Sprache eine die Zeiten überdauernde auch literarische Bedeutung.

Luther hatte sich schon früh, in der Erkenntnis, so seine Glaubensreform am ehesten dem ganzen Volk verständlich zu machen, für die Verwendung seiner Muttersprache als Schriftsprache entschieden. In seinen drei großen Programmschriften»An den christlichen Adel deutscher Nation«,»Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche«und»Von der Freiheit eines Christenmenschen«entwickelt er bereits 1520 die Grundpositionen seiner neuen Haltung. Es sind Schriften von großer sprachlicher Kraft; die dritte enthält die Summe von Luthers Denken: Die Lehre von der Gnade, die allein den Menschen erlöst, und die Auffassung von der zentralen Stellung der Bibel für das christliche Leben.

Diese Schriften erregten weithin sehr großes Aufsehen und erzielten für die damaligen Verhältnisse ungeheure Auflagen. Luthers außerordentliche Fähigkeit, schwierige Zusammenhänge knapp und präzise formuliert darzustellen, kam seiner neuen Lehre sehr zugute.

Luthers Bibelübersetzung
Die sprachliche Meisterleistung Luthers ist allerdings unstreitig seine Bibelübersetzung (1522 des Neuen Testaments, 1534 der gesamten Bibel). Das Neue an dieser Übersetzung ist zum einen, dass Luther auf die hebräischen und griechischen Urtexte zurückgreift, hierin philologisch exakt im Sinne des Humanismus; zum anderen, dass er sich für die freie Wiedergabe entscheidet, in einer von ihm gewählten Sprachform, die Allgemeinverständlichkeit mit lebendiger Gestaltung verbindet. Die Allgemeinverständlichkeit erreicht er, indem er seiner Übertragung das Ostmitteldeutsche zugrunde legt.

Zugleich bemüht sich Luther, in Wortwahl, Satzbau und Bildwelt»deutsch«zu reden, d. h. so, wie die Leute reden, also in einer gehobenen Umgangssprache.
Die lebendige Kraft und Schönheit seiner Sprache ist freilich vor allem die Frucht seines überragenden Übersetzertalents und seiner Fähigkeit, den jeweiligen Sinn angemessen ins Deutsche umzusetzen.
Auch wenn man Luthers Rolle als»Schöpfer des Neuhochdeutschen«bisweilen überschätzt hat, hat er doch mit seiner Bibelübertragung der neuhochdeutschen Gemeinsprache entscheidend zum Durchbruch verholfen. Die Lutherbibel wurde das Hausbuch der Protestanten und hat bis heute nichts von ihrer Wirkung und ihrem sprachlichen Reiz eingebüßt.

Ähnlich bedeutend war Luthers Stellung für das Kirchenlied; dem hohen Rang, den es jetzt in der Liturgie erhielt, entsprach die Pflege, die der Reformator ihm angedeihen ließ; er veröffentlichte bereits 1524 sein»Sangbüchlein«und dichtete selbst an die 40 geistliche Lieder, von denen einige zum festen Bestand des kirchlichen Liedguts bis heute gehören, etwa das bekannte»Ein feste Burg ist unser Gott«oder»Vom Himmel hoch da komm ich her«. Eindringlich und erschütternd ist auch das Lied»Mitten wir im Leben sind / mit dem Tod umfangen«, in dem noch einmal das mittelalterliche Memento mori-Motiv, das»Gedenke des Todes!«großartig gestaltet wird.

Er prägt viele neue Wörter und Begriffe (z.B. Feuereifer, Lückenbüßer, Mördergrube), Redensarten (z.B. das tägliche Brot), bildhafte Gleichnisse (z.B. seine Hände in Unschuld waschen) sowie eine Fülle von Sprichwörtern (u.a. Unrecht Gut gedeihet nicht) und geflügelten Worten.
Luther gilt als der Schöpfer des evangelischen Kirchenlieds, das die aktive Beteiligung der Gemeinde am Gottesdienst ermöglicht. Als Nachdichtungen lateinischer Hymnen ("Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen"), angeregt durch Psalmen ("Aus tiefer Not schrei ich zu dir", "Ein feste Burg ist unser Gott") oder in volksliedhafter Form ("Vom Himmel hoch, da komm ich her") dichtet er 41 Lieder.

Literarhistorische Punkte

1. Luthers Bibelübersetzung:

Die Übersetzung übte einen Normdruck auf die deutsche Sprache aus – Luther wurde zur Leitnorm.

1534 erscheint die 1. Vollbibelübersetzung – diese ist geprägt von lebhaftem Ausdruck und einer hervorragenden Syntax. Luther will so der deutschen Sprache Geltung auch in theologischer Funktion verleihen.

2. Flugblätter:

Die Verbreitung theologischer Gedanken mittels Flugblättern begünstigt eine Herausarbeitung der Öffentlichkeit. Die 95 Ablassthesen von 1518 wurden in Form von Flugschriften (=mehrere Flugblätter) verbreitet.

3. Luther erneuerte das Kirchenlied.

4. Fabel: Durch die Form der Fabel führt Luther eine neue Form für lehrhaftes Erzählen ein.

Erst durch Luthers Bibelübersetzung, und zwar in der Sprache des einfachen Volkes, wird ein Werk geschaffen, durch welches die nationalsprachliche Entwicklung vorangetrieben wird. Das Deutsche tritt gleichberechtigt neben das Latein; aber die Sprachen vermischen sich nicht.

5. Erklären Sie die Rolle eines Narren in der Satire von S. Brant

Das wichtigste Werk dieser Richtung stellt Sebastian Brants Narrenschiff (1494) dar. In einem mit Holzschnitten, die zu jedem der 114 Kapitel inhaltlich zusammengehören, die Tradition mittelalterl. Lit. übernehmend, setzt er sich mit allg. Problemen und Verhaltensweisen auseinander. Es werden die Sünden (Hoffart, Wollust, Völlerei, Neid, Trägheit usw.) thematisiert, d. h. am Beispiel der Narren dargestellt, anschließend durch eine moralische Argumentation kritisiert und schließlich durch historische Beweisstücke soll der Leser zur Besserung bewegt werden.
Das Narrenschiff ist das erste deutschsprachliche Werk, das in massenhafter Auflage, auch in Raubdrucken, erschien und in andere Sprachen übersetzt worden ist.
Seine Wirkung erteilt es durch eine negative Sittenlehre, die mit Hilfe des Motivs vom Weltende den Menschen zum gesunden Menschenverstand bringen will.

Literarisch entdeckte man die Dummheit in größerem Stil um das Jahr 1500 herum. So lautet denn die Kernthese bei einem Sebastian Brandt: Die Welt wird von Dummheit beherrscht. Im Jahr 1494 hat er dazu sein Bändchen „Das Narrenschiff“ geschrieben; es enthält die Beschreibung von 112 Narreteien. In Kapitel 34 beispielsweise heißt es: „Denn eines plagt den Narren sehr: Was neu ist, das ist sein Begehr‘; doch ist die Lust dran bald verloren und etwas andres wird erkoren.“ (Ähnlichkeiten mit der Reformitis einer real existierenden Politik sind übrigens rein zufällig!)

Im Jahr 1511 schrieb der große Humanist Erasmus von Rotterdam sein Bändchen „Das Lob der Torheit“. Was wie eine Hymne auf die Dummen daherkommt, ist natürlich satirisch gemeint. Allerdings bedeutet Torheit für Erasmus nicht nur Dummheit, Beschränktheit, sondern auch Lebensfreude, Harmlosigkeit, Gutmütigkeit. Doch ist Erasmus der Meinung: Torheit beherrscht das Universum.

Die Geschichte des Karnevals und die Figur des Narren gehen zurück auf die „Schalksnarren“, zu denen die Hofnarren der Fürsten und Könige gehörten. Konkrete Gestalt hat ihnen Sebastian Brant (1457-1521) gegeben mit seinem Buch „Das Narrenschiff“ von 1494. Es ist eine mittelalterliche Moralsatire, die in 112 Kapitel untergliedert ist, die typisches menschliches Fehlverhalten beschreiben, sowie unsere Laster und Schwächen spiegelbildlich vor Augen führen. Auch wird massive Kritik am „Zeitgeist“ geübt. Diesen gab es zu allen Zeiten, doch gesehen und zu fassen bekommen hat ihn noch niemand! Einen Großteil der Brant’schen Figuren hat Albrecht Dürer (1471-1528) illustriert und somit Gestalt gegeben.

Wohl von Sebastian Brant angeregt, schrieb im Jahre 1509 Erasmus von Rotterdam (1466-1536) die Satire „Lob der Torheit“, die er seinem Freund und Staatsmann Thomas Morus (1478-1535) widmete. Auch sie beruht auf Brant’s Ausspruch: „Nur wer sich für ein Narr’n eracht, der ist zum Weisen bald gemacht.“ Die Waffe des Narren ist das Wort, das Spiel mit Worten und deren Vieldeutigkeit. Friedrich Nietzsche (1844-1900) stellte die begriffliche Vieldeutigkeit als ein besonderes Merkmal der Sprache dar. Wer die Mehrdeutigkeiten der Sprache geschickt beherrscht, der kann Gespräche interessant machen, die Menschen zum Lachen oder Weinen bringen. Der kann auch beißende Kritik üben, Neigungen zum Kippen bringen und Klimakatastrophen auslösen.

Erasmus von Rotterdam erkannte schon 1511 in seinem weltbekannten Moriae Encomium Das Lob der Dummheit,, dass das menschliche Dasein nicht von Vernunft geleitet wird, sondern die Narrheit braucht um schöpferisch zu sein.

Der weise Narr zieht immer durch die Weltliteratur, nahezu kein Märchen aber auch kein Herrscher kommt ohne ihn aus, er war vielfach der beste Vertraute der Herrscherhäuser.

Das Thema Narrenschiff des deutschen Moralsatirikers S. Brant entstand um 1494, daraus ist die Beständigkeit des Narrentums ersichtlich.

Nur ein Narr ist in der Lage die Wahrheit zu verbreiten, die Wahrheit dem zu sagen der sie nie verstand oder verstehen will.

Ob Narr, Sonderling oder Schelm, die Rolle zu beherrschen ist eine wahre Kunst.

Der Narr zieht durch den langen Weg der Zeit und ist mit Abstand die beständigste Figur unserer Geschichte.

Schlaraffen hört, der Narr ist weise, er wandelt auf seinem Geleise, zielstrebig nach vorn und überwindet jeden Dorn.

Lasst uns gestalten das fröhliche Spiel, es führt uns an ein gesichertes Ziel.

Sagt ruhig ich sei ein Narr, für alle sichtbar. Gern bin ich ein Narr unter dem Uhu.


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