III. Menschenwege

Spiel ums Leben

I. Wie verstehen Sie die Überschrift dieses Textes? Was könnte da wohl passiert sein?

Im Jahre 1943 gelang mir die Flucht aus einem Konzentrationslager in der Gegend von Warschau. Eine Woche lang versteckte ich mich in der Stadt. Dann nahm mich die Gestapo gefangen. Man brachte mich in ein Gefängnis. Jeden Tag verließen viele Frauen und Männer das Gefängnis. Wohin brachte man sie? Eines Montags befand ich mich auch unter denen, die das Gefängnis verlassen mussten. Wir kamen auf einen Hof. An einem Ende stand eine Gruppe deutscher Offiziere, am anderen war ein Graben. Man führte uns zu den Offizieren. Ich war sehr verwundert, als ich ein Basketballbrett erblickte. Ich suchte mit den Augen das zweite Zielbrett. Es war aber nicht da. Einige Sekunden waren meine Gedanken im herrlichen Stadion meiner Heimatstadt. Doch schon hörte ich die Stimme eines Gestapomannes: „Achtung! Ihr seid zum Tode verurteilt. Unser Herr Oberst ist aber ein großer Basketballfreund und gibt euch eine Chance, euer Leben zu retten. Jeder von euch hat das Recht, von diesem Platz aus zehn Würfe in den Korb zu versuchen. Wenn einem acht davon gelingen, hat er sein Leben gerettet. Wenn nicht, wird man ihn erschießen“. Ein Zittern lief durch meinen Körper. Acht Bälle von zehn in den Korb treffen! Das ist selbst für einen guten Spieler schwer. Da tritt ein Mann mit grauen Haaren an die Linie. Seine Hände zitterten. Er nahm den Ball. Wurf! Der Ball fiel nieder, er hat überhaupt den Korb nicht erreicht. Der Mann nahm den Ball wieder. Diesmal warf er zu kraftvoll. Der Ball sprang an das Zielbrett und zum Mann zurück. Den dritten Ball warf er gut, aber zu kurz. Man führte den Unglücklichen fort. Ein Todeskandidat ersetzte den anderen, warf die Bälle und wurde weggeführt.

Endlich trat ich an die Linie. Außer dem Zielbrett sah ich nichts, ich zielte. In dieser Sekunde erinnerte ich mich an unseren Trainer. Wir mussten hundert Würfe machen und siebzig Mal musste der Wurf das Ziel treffen. Ich warf, der Ball fiel in den Ring. Jetzt war ich ruhig. Ein neuer Wurf. Hopp! Der Dritte und Vierte war auch sehr gut. Die Offiziere blickten mich verwundert an. Der sechste Wurf war für mich der schwierigste. Doch meine Hände warfen auch diesmal den Ball wieder in den Korb. Die letzten vier Würfe machte ich sicher und alle Bälle fielen in den Korb. Zehn von zehn! Die Offiziere sprachen laut miteinander. Meine Kameraden freuten sich über meinen Erfolg. Da kam ein Offizier zu unserer Gruppe und sagte laut und langsam: „Ihnen gelang zehn von zehn möglichen. Sie sind ein großer Meister. Der Herr Oberst gibt Ihnen die fünfzehn Todeskandidaten. Sie müssen noch fünf Strafwürfe machen. Wenn nur ein Ball nicht in den Korb fällt, so bedeutet es das Ende von allen, auch von Ihnen. Aber Sie können auch „Nein“ sagen und am Leben bleiben. Wollen Sie nicht ein Held werden?“ Seid ruhig, Ihr, Herren Offiziere. Der Kampf ist noch nicht zu Ende. Jetzt werdet ihr einen richtigen Sportler kennen lernen. Ja, ich werde kämpfen. Ich werde nicht weiter leben können, wenn ich „Nein“ sage… Was bedeuten schon diese fünf Würfe für einen Basketballspieler? sprach ich zu mir, um mich zu beruhigen. Ich nahm den Ball. Die ersten vier Würfe fielen in den Korb. Jetzt blieb der letzte Wurf übrig. Ich versuchte den Ball in die Hand zu nehmen. In diesem Moment hatte ich schreckliche Angst. Ich fühlte mich ganz kraftlos. Ich hatte nicht genug Kraft, den Ball überhaupt zu werfen. Meine Kameraden sahen mich an, und ich las in ihren Augen die volle Sicherheit an meinem Sieg. Fast ohne zu zielen, warf ich schnell den Ball. Was wir alle in diesem Moment durchlebt haben, ist nicht zu beschreiben! Niemals in meinem Leben war ich so froh, wie in jenen Sekunden, als die „Todeskandidaten“ zu mir ihren Dank aussprachen.

Kaschnitz, L.

Texterläuterungen

Dann nahm mich Gestapo gefangen Затем меня взяло гестапо в плен

das Gefängnis verlassen, -ie, -a покидать тюрьму

verwundert sein удивиться

das Zielbrett, -er баскетбольный щит

zum Tode verurteilen, -te, -t приговорить к смерти

der Wurf, -e бросок

das Leben retten, -te, -t спасти жизнь

in den Korb treffen, -a-, -o- попасть в корзину

sich über j-s Erfolg freuen, -te, -t радоваться успеху кого-либо

Ihnen gelangen zehn von zehn möglichen Вам удалось забросить десять из десяти возможных

am Leben bleiben, -ie-, -ie - остаться в живых

Angst haben, -te, -t испытать страх, бояться

die volle Sicherheit полная уверенность

ihren Dank aussprechen, -a-, -o- выразить свою благодарность

II. Gruppieren Sie die folgenden Wörter aus dem Text nach ihren Wortbildungsmerkmalen. Übersetzten Sie die Wörter.

  Wurzelwörter (корневые слова) abgeleitete Wörter (производные слова) zusammengesetzte Wörter (составные слова)
  bringen verlassen das Basketballzielbrett
  ….    
  ….    
  ….    

(die Flucht, das Konzentrationslager, verwundern, der Graben, das Zielbrett, erblicken, der Gestapomann, verurteilen, der Oberst, der Basketballfreund, retten, versuchen, der Wurf, erschießen).

III. Was passt in die Lücke?

a) Im Jahre 1943..... mir die Flucht aus einem Konzentrationslager.

b) Jeden Tag verließen viele Frauen und Männer ….

c) An einem Ende stand eine Gruppe deutscher Offiziere, am anderen war ein ….

d) Ich suchte mit den Augen das zweite….

e) Ihr seid zum Tode ….

f) Herr Oberst ist ein großer Basketballfreund und gibt euch eine Chance, euer Leben zu ….

das Gefängnis, retten, Graben, gelang, Zielbrett, verurteilt  

IV. Verbinden Sie die Sätze mit einer Konjunktion zu einer Satzreihe. Bestimmen Sie die Art der Verbindung.

a) Den dritten Ball warf der graue Mann gut. Er sprang an das Zielbrett und zum Mann zurück. (aber)

b) Der Wurf traf das Zielbrett nicht. Man führte den Unglücklichen fort. (deshalb)

c) Meine letzten vier Würfe machte ich sicher. Alle Bälle fielen in den Korb. (deswegen)

d) Meine Kameraden sahen mich an. Ich las in ihren Augen die volle Sicherheit an meinem Sieg. (und)

V. Auf welche handelnden Personen bezieht sich diese Aussage bzw. wer wird damit gemeint?

a) Ihr seid zum Tode verurteilt.

b) Ihnen gelangen zehn von zehn möglichen. Sie sind ein großer Meister.

c) Wir mussten hundert Würfe machen und siebzig Mal musste der Wurf das Zielbrett treffen.

VI. Ersetzten Sie die unterstrichenen Ausdrücke durch die rechts angege-benen. Denken Sie daran, dass dadurch sich einiges in der Satzkonstruktion verändert.

а) Einige Sekunden waren meine Gedanken im herrlichen Stadion meiner Heimattadt – zurückdenken (dachte zurück, zurückgedacht, an Akk)
b) Ein Zittern lief durch meinen Körper – am ganzen Leibe zittern,- te,- t
c) Ich war sehr verwundert, als ich ein Basketballzielbrett erblickte – erstaunt sein über Akk
d) Ich sprach zu mir, um mich zu beruhigen – zur Ruhe bringen (brachte, gebracht)

VII. Finden Sie in den folgenden Sätzen inhaltliche Fehler und korri-gieren sie.

a) Ich war nicht verwundert, als ich zwei Basketballzielbretter erblickte.

b) Wenn dem Todeskandidaten ein Wurf von zehn nicht gelingt, wird er erschossen.

c) Die Offiziere blickten mich verächtlich an.

d) Den ganzen Monat versteckte ich mich in Warschau.

VIII. Wählen Sie die Fortsetzung des Satzes, die dem Text entspricht.

1. Meine Gedanken waren einige Sekunden …

a) in meinem Heimatort;

b) mit meinen Kameraden, die in der Gefängniszelle geblieben sind;

c) im herrlichen Stadion meiner Heimatstadt.

2. Man führte den Mann mit grauen Haaren weg, nachdem …

a) er aufgegeben hatte, die Bälle ins Zielbrett zu werfen;

b) er vor Angst in Ohnmacht gefallen war;

c) es ihm nicht gelungen war, den Ball in den Korb zu werfen.

3. Niemals in meinem Leben war ich so froh, wie in jenen Sekunden, als …

a) ich den zehnten Ball in den Korb warf;

b) die Todeskandidaten zu mir ihren Dank aussprachen;

c) ich den Ball in den Händen hatte.


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